Kaposi-Sarkom

Zuletzt aktualisiert: 30.01.2024 | Autor: Prof. Dr. med. Stefan Esser

Definition, Ursachen und Einteilung in unterschiedliche Subtypen

Das Kaposi-Sarkom (KS) ist eine seltene, maligne, von lymphatischen Endothelzellen ausgehende, an mehreren Orten auftretende Gefäßerkrankung.

Sie befällt vor allem Haut und Schleimhäute, aber auch das lymphatische System und innere Organe wie den Gastrointestinaltrakt, die Lunge oder die Leber. 1981 wurde erstmals eine neue, aggressiv verlaufende Variante bei jungen Menschen mit HIV-Infektion als AIDS-Erkrankung beschrieben [1]. KS werden durch das humane Herpes-virus 8 (HHV-8) verursacht. Daher wird es auch als Kaposi-Sarkom-assoziiertes Herpesvirus (KSHV) bezeichnet [2]. Eine generelle Immunschwäche begünstigt die Entwicklung von KS.

Es gibt fünf epidemiologische Unterformen des KS. Diese treten in verschiedenen Patientengruppen vermehrt auf. Sie unterscheiden sich im klinischen Verlauf und ihrer Prognose:

  • Klassisches (sporadisches) Kaposi-Sarkom

    Das klassische KS tritt überwiegend bei älteren (>60 Jahre) Männern (Mann:Frau Ratio 2:1 bis 17:1) osteuropäischer und mediterraner Herkunft auf. Erstmalig tritt es meist im Lebensalter von über 60 Jahren auf. Die Risikofaktoren für die Entstehung eines KS vom klassischen Subtyp umfassen vorrangig eine vorangegangene HHV-8-Infektion sowie erhöhtes Lebensalter. Die Sterberate ist bei Patienten mit klassischem KS im Vergleich zur Normalbevölkerung nach bisherigem Kenntnisstand nicht wesentlich erhöht [4].

  • Afrikanisches, endemisches Kaposi-Sarkom

    Das endemische, nicht mit einer HIV-Infektion assoziierte KS ist in Äquatorialafrika vor allem auch unter Kindern und adoleszenten Männern verbreitet. Anhand von Ausbreitungsmuster und Aggressivität werden vier klinische Verlaufsformen unterschieden:

    • Benigne Verlaufsform: Langsam und wenig aggressiv fortschreitende noduläre KS-Läsionen der Haut, ähnlich denen beim klassischen KS; vorwiegend bei Männern mittleren Alters.
    • Lokal aggressive Verlaufsform: Kutane KS-Läsionen mit aggressiver Infiltration in Weichgewebe und Knochen. Meist tödlicher Ausgang innerhalb von fünf bis sieben Jahren.
    • Diffus aggressive Verlaufsform: Diffuser mukokutaner (=betrifft die Schleimhäute) und viszeraler Befall (die Eingeweide betreffend); ungünstige Prognose.
    • Fulminante Verlaufsform: Vorrangig Lymphadenopathie (=tastbare Vergrößerung eines Lymphknotens) und Befall der inneren Organe, selten Hautbeteiligung; fulminant aggressiver Krankheitsverlauf; vorrangig bei Kleinkindern.

    Das endemische KS lag in Zentralafrika bei 9% aller landesweiten Krebserkrankungen. Mit dem Ausbruch der HIV-Pandemie stieg allerdings die Inzidenz des HIV-assoziierten KS vor allem in Subsahara-Afrika drastisch [5].

  • Kaposi-Sarkom bei iatrogener (=ärztlich verursachter) Immunsuppression

    Unter langfristiger Immunsuppression können sich iatrogene KS entwickeln, die sich nach Absetzen, Reduktion oder Umsetzen der immunsuppressiven Therapie wieder zurückbilden können. Bei mehr als 5% der organtransplantierten Patienten, die nachfolgend ein Malignom entwickelten, trat ein KS auf [16]. Das Risiko ein KS zu entwickeln ist bei Organtransplantierten im Vergleich zur Normalbevölkerung um das 50- bis 500-fache erhöht [6].

  • HIV-assoziiertes, epidemisches Kaposi-Sarkom

    Das epidemische, HIV-assoziierte KS ist die häufigste AIDS-definierende bösartige Neubildung (Neoplasie). Seit Beginn der HIV-Pandemie ist sie auch der häufigste klinische Subtyp des KS. Der Verlauf ist äußerst variabel und reicht von einzelnen über Jahre stationären Läsionen bis hin zu tödlichen Verläufen [7]. Besonders nicht oder nicht ausreichend antiretroviral behandelte HIV-Infizierte in fortgeschrittenen Stadien mit schwerer Immundefizienz erkranken am HIV-assoziierten KS. Nach Einleitung einer antiretroviralen Therapie (ART) bilden sich HIV-assoziierte KS häufig ohne zusätzliche Behandlung zurück. Im Zusammenhang mit dem Immun-Rekonstitutions-Inflammations-Syndrom (IRIS) [8] wurden unerwartet schwere Verläufe und/oder neu auftretende KS beschrieben.

    Trotz breitem Einsatz effektiver ART treten auch neue KS oder KS-Rezidive bei gutem Immunstatus auf. Das Risiko ein KS zu entwickeln ist für Menschen mit HIV-Infektion 30-80-mal höher als in der Allgemeinbevölkerung. Möglicherweise entstehen bei älteren HIV-Patienten neue KS, weil ihr Immunsystem im Alter schwächer wird. Die Sterblichkeit des HIV-assoziierten KS steht in Zusammenhang mit der CD4-Zellzahl sowie mit der konsequenten Einnahme der ART [7,9].

  • Kaposi-Sarkom bei Männern, die Sex mit Männern haben, ohne HIV-Infektion

    Seit einigen Jahren wird zunehmend über KS bei jüngeren HIV-negativen Männern, die Sex mit Männern (MSM), aus geographischen Regionen mit einer niedrigen HHV-8-Seroprävalenz (z.B. Frankreich, England oder Deutschland) berichtet. Der Verlauf ist ähnlich wie beim klassischen KS eher schmerzunempfindlich, die Hautläsionen kommen an der gesamten Körperoberfläche vor. Ein viszeraler Befall oder Organbefall ist sehr selten. Aufgrund dieser Besonderheiten und Unterschieden zu den bisher 4 anerkannten Subtypen des KS wird diese Form neu als zusätzlicher (fünfter) epidemiologischer Subtyp klassifiziert [10].

Klinik, Diagnosestellung und Ausbreitungsdiagnostik

Anfänglich entwickeln sich bei allen Formen asymptomatische, lividrote Flecken oder Knoten. Einzelne Tumoren können über Jahre unverändert bleiben oder sich in wenigen Wochen rasch ausbreiten und an Zahl und Größe zunehmen. Ausgeprägte Schwellungen ganzer Extremitäten, des Skrotums oder des Gesichts aufgrund einer Lymphabflussstörung kommen vor. Typisch sind Einblutungen in die Tumorumgebung, die als gelb-grüne Verfärbungen auffallen. Weit fortgeschrittene Einzeltumoren können zentral aufbrechen und bluten. Auch stark verhornte (warzenförmige) Formen, die den Gefäßcharakter der Tumoren völlig verbergen, treten betont an den unteren Extremitäten auf. An der Mundschleimhaut ist besonders der harte Gaumen betroffen. Auch innere Organe, besonders der Verdauungstrakt und die Lunge können befallen werden.

Lokale und systemische Therapie

Ziel der Behandlung ist in der Regel die Rückbildung der Läsionen, die Kontrolle über den Krankheitsverlauf und die Reduktion der Symptome mit Erhalt der Lebensqualität und der Lebenserwartung.

Bisher gibt es kein allgemein anerkanntes „Standardtherapieschema" zur Behandlung des KS.

Sowohl lokale als auch systemische Behandlungsmethoden mit unterschiedlichen Wirkmechanismen stehen für die Therapie von KS zur Verfügung und können auch kombiniert eingesetzt werden.

Nicht immer ist eine sofortige spezifische Behandlung nach gesicherter Diagnose bei guter Prognose und fehlendem Leidensdruck des Patienten bei entsprechender Nachbeobachtung erforderlich.

Bei rasch fortschreitendem oder aggressivem Verlauf, dem Auftreten von Symptomen und/oder funktionellen Beeinträchtigungen soll unabhängig vom KS-Typ sofort eine gezielte Behandlung eingeleitet werden. Bei bisher noch nicht oder nicht effektiv antiretroviral behandelter HIV-Infektion soll umgehend eine ART eingeleitet oder optimiert werden.

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Das Kaposi-Sarkom (KS) ist eine seltene, maligne Lymphgefäßerkrankung mit fünf Unterformen, die in spezifischen Patientengruppen vermehrt auftreten. Sie unterscheiden sich im klinischen Verlauf und ihrer Prognose.
Bei rasch fortschreitendem oder aggressivem Verlauf, dem Auftreten von Symptomen und/oder funktionellen Beeinträchtigungen soll unabhängig vom KS-Typ sofort eine gezielte Behandlung eingeleitet werden.
KS werden durch Humane Herpes-Virus-Infektionen (HHV8) verursacht.
Immunsuppression und Immundefizienz begünstigen die Entwicklung von KS.
  • REFERENZEN
    • 1. Friedman-Kien AE Disseminated Kaposi's sarcoma syndrome in young homosexual men. J Am Acad Dermatol 1981; 5: 468-471.
    • 2. Cesarman E, Damania B, Krown SE, Martin J et al. Kaposi sarcoma. Nat Rev Dis Primers 2019; 5(1): 9.
    • 3. Dedicoat M, Newton R. Review of the distribution of Kaposi's sarcoma-associated herpesvirus (HHV-8) in Africa in relation to the incidence of Kaposi's sarcoma. Br J Cancer 2003; 88(1): 1-3.
    • 4. Franceschi S, Arniani S, Balzi D et al. Survival of classic Kaposi's sarcoma and risk of second cancer. Br J Cancer. 1996; 74: 1812-4.
    • 5. Liu Z, Fang Q, Zuo J et al. The world-wide incidence of Kaposi's sarcoma in the HIV/AIDS era. HIV Med 2018; 19(5): 355-364.
    • 6. Lebbe C, Legendre C, Frances C. Kaposi sarcoma in transplantation. Transplant Rev (Orlando). 2008; 22: 252-61.
    • 7. Hoffmann C, Sabranski M, Esser S. HIV-Associated Kaposi's Sarcoma. Oncol Res Treat 2017; 40(3): 94-98.
    • 8. Müller M, Wandel S, Colebunders R et al.; IeDEA Southern and Central Africa. Immune reconstitution inflammatory syndrome in patients starting antiretroviral therapy for HIV infection: a systematic review and meta-analysis. Lancet Infect Dis 2010; 10(4): 251-61.
    • 9. Palich R, Veyri M, Valantin MA, et al.; CancerVIH Study Group. Recurrence and Occurrence of Kaposi's Sarcoma in Patients Living With Human Immunodeficiency Virus (HIV) and on Antiretroviral Therapy, Despite Suppressed HIV Viremia. Clin Infect Dis 2020; 70(11): 2435-2438.
    • 10. Denis D, Seta V, Regnier-Rosencher E et al. A fifth subtype of Kaposi's sarcoma, classic Kaposi's sarcoma in men who have sex with men: a cohort study in Paris. J Eur Acad Dermatol Venereol 2018; 32(8): 1377-1384.
    • 11. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S1-Leitlinie Kaposi-Sarkom (KS)
    • 12. Di Trolio R, Di Lorenzo G, Delfino M et al. Role of pegylated lyposomal doxorubicin (PLD) in systemic Kaposi´s sarcoma: a systematic review. Int J Immunopathol Pharmacol 2006; 19: 253-63.
    • 13. Kreuter A, Rasokat H, Klouche M, et al. Liposomal pegylated doxorubicin versus low-dose recombinant interferon Alfa-2a in the treatment of advanced classic Kaposi's sarcoma; retrospective analysis of three German centers. Cancer Invest. 2005; 23(8): 653-9.
    • 14. Uldrick TS, Gonçalves PH, Abdul-Hay M, et al. Assessment of the Safety of Pembrolizumab in Patients With HIV and Advanced Cancer-A Phase 1 Study. JAMA Oncol 2019; 5(9): 1332-9.
INTERESSENSKONFLIKTE

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