Melanommetastasen
CUP: Melanommetastasen – und kein Melanom
Unter dem Begriff CUP oder CUP-Syndrom (= Cancer of Unknown Primary) wird eine Krebserkrankung mit unbekanntem Primärtumor verstanden.
Sind weitere Untersuchungen erforderlich?
Es kann vorkommen, dass verschiedene Körperregionen von Metastasen befallen sind, die unter dem Mikroskop auch Merkmale eines Melanoms aufweisen. Ein Melanom auf der Haut, von dem die Krankheit ihren Ausgang hätte nehmen können, lässt sich jedoch nicht finden. In diesem Fall sprechen die Fachleute von einem okkulten primären Melanom.
Nach Meinung von Experten soll das Ärzteteam dann nicht weiter nach dem ursprünglichen Melanom suchen, auch nicht, ob es sich an einer anderen Stelle befindet als auf der Haut. Sehr selten ist es möglich, dass dieses sich zum Beispiel im Auge, Ohr oder Darm befindet. Sehr viel wahrscheinlicher ist es, dass das Immunsystem den Krebs erfolgreich angegriffen hat und in der Folge auch die Metastasen angreifen wird. Dann ist der Krankheitsverlauf oft günstiger als bei bekanntem Ursprung.
Der Autor/die Autorin hat keine Interessenskonflikte angegeben.
Behandlung Hirnmetastasen
Einführung
Das Melanom kann in das Gehirn streuen (metastasieren). Eine Metastasierung des Melanoms in das Gehirn tritt überwiegend im Spätstadium der Melanomerkrankung auf. Hirnmetastasen können Beschwerden wie Kopfschmerzen, Verwirrung, epileptische Anfälle, Lähmungen usw. verursachen. Eine besondere Herausforderung stellt die Ausbreitung von Melanomzellen entlang der Hirnhäute (Meningen) dar. Die Prognose für Patienten mit Hirnmetastasen ohne Therapie ist ungünstig mit einer Überlebenszeit von wenigen Monaten. Daher kommt der Therapie von Hirnmetastasen, insbesondere der Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Fachrichtungen, eine große Bedeutung zu.
Diagnostik
Wenn der Verdacht auf eine Hirnmetastasierung des Melanoms besteht, sollten eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirnschädels, ggf. ein MRT des Spinalkanals, in dem das Rückenmark verläuft, eine Ganzkörper-Computertomographie und eine neurologische Untersuchung erfolgen. Gegebenenfalls ist auch eine Lumbalpunktion, also die Entnahme von Nervenwasser (Liquor) im Bereich der Lendenwirbelsäule, angezeigt.
Therapie
Grundsätzlich sollte die Therapieentscheidung bzw.- durchführung über das Tumorboard zusammen mit den betreuenden Onkologen, Neuroonkologen, Neuroradiologen, Neurochirurgen, Radioonkologen, und Neuropathologen erfolgen.
- Operative Therapie
Eine operative Therapie in der Neurochirurgie ist für Patienten mit großen Hirnmetastasen oder /und symptomatischen Hirnmetastasen, d. h. Hirnmetastasen, die Beschwerden verursachen, angezeigt. Die Hirnmetastasen müssen für den Neurochirurgen zugänglich sein und der Patient muss operationsfähig sein.
- Stereotaktische Strahlentherapie
Eine stereotaktische Strahlentherapie, d. h. eine hochdosierte hochpräzise und damit gezielte Bestrahlung, kann bei Patienten mit 3 bis 4 Hirnmetastasen (ggf. mit bis zu 10 Metastasen) und einer Größe von 0,5 – 4 cm durchgeführt werden. Die Wirksamkeit der stereotaktischen Strahlentherapie ist mit der Wirksamkeit einer operativen Therapie vergleichbar. In über 80% der Fälle sind die Hirnmetastasen rückläufig. Nach einer stereotaktischen Strahlentherapie können ein Ödem (Einlagerung von Flüssigkeit mit Schwellung) oder eine Einblutung i.B. der bestrahlten Hirnmetastase und selten im Langzeitverlauf eine Schädigung des umliegenden, Hirngewebes (Radionekrose) auftreten.
- Ganzhirnbestrahlung
Eine Ganzhirnbestrahlung stellt für Patienten mit mehreren Hirnmetastasen eine Behandlungsmöglichkeit dar. Für die Ganzhirnbestrahlung alleine konnte bisher kein signifikanter Vorteil für das Gesamtüberleben gezeigt werden. Nach einer Ganzhirnbestrahlung können im Verlauf neurokognitive Störungen, wie z. B. Konzentrations-, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen auftreten. Zur Vorbeugung dieser Nebenwirkungen wird die Hippocampus-schonende Ganzhirnbestrahlung in klinischen Studien untersucht. Der Hippocampus ist der Teil des Gehirns, der u.a. an der Gedächtnisbildung beteiligt ist. Eine 2020 publizierte Phase 3 Studie ergab, dass eine Hippocampus-schonende Ganzhirnbestrahlung im Vergleich zu einer Standard-Ganzhirnbestrahlung den Erhalt der Gedächtnisfunktion verbessert (4, Brown PD et al, J Clin Oncol 2020). Eine adjuvante (unterstützende) Ganzhirnbestrahlung nach durchgeführter lokaler Therapie von Hirnmetastasen wird aufgrund der negativen Ergebnisse einer Phase 3 Studie nicht mehr empfohlen (5, Hong AM et al, J Clin Oncol 2019).
- Medikamentöse Therapie von Hirnmetastasen
Neben der medikamentösen Therapie von Hirnmetastasen ist eine angemessene Supportivtherapie (unterstützende Therapie) wichtig. Die wichtigsten Behandlungsziele sind die Kontrolle des erhöhten Drucks im Gehirn durch Kortikosteroide und die Kontrolle epileptischer Anfälle durch Antiepileptika.
Prinzipiell werden Hirnmetastasen mit den gleichen Medikamenten behandelt wie Metastasen außerhalb des Gehirns. Jedoch scheinen Hirnmetastasen, insbesondere symptomatische Hirnmetastasen nicht so gut auf eine medikamentöse Behandlung anzusprechen wie Metastasen außerhalb des Gehirns.
BRAF-/MEK-hemmende Medikamente, die die Signalübertragung in BRAF- mutierten Melanomzellen hemmen, erzielten bei 60% der Patienten mit Melanomhirnmetastasen ohne und mit Beschwerden (Symptomen) ein Therapieansprechen mit Rückbildung der Hirnmetastasen. Leider ist die Dauer des Therapieansprechens im Gehirn insbesondere bei Patienten mit symptomatischen Hirnmetastasen begrenzt.
Die Immuntherapie mit Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab erzielte bei 54% der Patienten mit Hirnmetastasen ohne Beschwerden ein Therapieansprechen mit Rückbildung der Hirnmetastasen. Fast 90% dieser Patienten erlebten einen anhaltenden Behandlungserfolg. Bei Patienten mit Hirnmetastasen, die bereits Beschwerden hatten, fiel die Ansprechrate im Gehirn auf 22% ab. Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab kann schwere immunvermittelte Nebenwirkungen verursachen, die in seltenen Fällen tödlich verlaufen können.
2020 wurde eine Studie zur unterstützenden Behandlung von Patienten mit fernmetastasiertem Melanom nach Operation oder Strahlentherapie der Metastasen mit Nivolumab plus Ipilimumab im Vergleich zu Nivolumab im Vergleich zu einem Scheinmedikament (Placebo) veröffentlicht (6, Zimmer L et al., Lancet 2020). In dieser Studie befand sich auch eine kleine Gruppe von 22 Patienten mit Hirnmetastasen. Nivolumab plus Ipilimumab schien das rückfallfreie Überleben im Vergleich zu Nivolumab alleine und im Vergleich zur Kontrolle deutlich zu verlängern. Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab ist aktuell nicht zur adjuvanten Behandlung des fernmetastasierten Melanoms zugelassen. Kombination von medikamentöser Therapie und stereotaktischer Strahlentherapie
Zahlreiche retrospektive (rückblickende Untersuchungen) sprechen dafür, dass die Kombination insbesondere von Immuncheckpoint-Inhibitoren wie zum Beispiel Nivolumab plus Ipilimumab mit stereotaktischer Strahlentherapie das Gesamtüberleben verlängert bei nicht erhöhter Toxizität, d.h. bei ähnlich guter Verträglichkeit. Jedoch müssen die retrospektiven Daten im Rahmen von prospektiven Studien (vorausschauende Untersuchungen) bestätigt werden, die aktuell durchgeführt werden.
Zusammengefasst stehen für Patienten mit Melanom und Hirnmetastasen mehrere wirksame lokale und medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die medikamentöse Behandlung scheint bei Patienten ohne Hirnmetastasen besser anzusprechen als bei Patienten mit Hirnmetastasen. Ebenso scheinen die Medikamente bei Patienten mit Hirnmetastasen ohne Beschwerden besser anzuschlagen als bei Patienten mit Hirnmetastasen mit Beschwerden. Aktuell werden klinische Studien durchgeführt, die insbesondere Kombinationen von Medikamenten und Kombinationen von Strahlentherapie mit Medikamenten untersuchen.
Die Behandlung von Hirnmetastasen sollte interdisziplinär, d.h. in Zusammenarbeit mit den betreuenden Onkologen, Neuroonkologen, Neuroradiologen, Neurochirurgen, Radioonkologen, und Neuropathologen durchgeführt werden.
Der Autor/die Autorin hat keine Interessenskonflikte angegeben.
Diagnostik und Behandlung von leptomeningealen Metastasen
Einführung
Krebserkrankungen wie Lungenkrebs, Brustkrebs und bösartige Erkrankungen des blutbildenden sowie des lymphatischen Systems haben ein hohes Risiko, Absiedlungen (Metastasen) in das Gehirn zu versenden. Dieses Risiko betrifft auch das maligne Melanom im fortgeschrittenen Stadium.
In diesem Kapitel soll es um eine spezielle Untergruppe der Hirnmetastasen gehen, nämlich um eine Metastasierung entlang der Gehirnhäute (= leptomeningeale Metastasierung). Diese Form der Ausbreitung stellt weiterhin eine große Herausforderung, sowohl im Erkennen (= Diagnosestellung) als auch im Behandeln (= Therapie), dar.
Trotz der fortlaufenden Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten ist die Prognose dieser Metastasierungsform bisher als eher ungünstig zu betrachten.
- Begriffserklärung
Unser Gehirn und Rückenmark werden von drei bindegewebigen Hüllen umgeben. Diese bezeichnet man als Gehirnhäute, oder fachsprachlich Meningen.
Ganz außen liegt die harte Hirnhaut (Dura mater), gefolgt von der Spinngewebshaut (Arachnoidea) sowie der zarten Hirnhaut (Pia mater) ganz innen. Die beiden inneren Hirnhäute, also Spinngewebshaut und zarte Hirnhaut, werden auch als weiche Hirnhaut (Leptomeninx) zusammengefasst.
Kommt es zu einer Absiedlung von Tumorzellen in den Bereich der weichen Hirnhäute, so bezeichnet man diese Metastasierungsform als leptomeningeale Ausbreitung (Leptomeninx à leptomeningeal).
- Häufigkeit
Die Häufigkeit von leptomeningealen Metastasen ist schwer zu bestimmen, da es keine spezifischen Untersuchungen gibt und bestehende Studien oft uneinheitliche Kriterien verwenden. Schätzungen zufolge treten leptomeningeale Metastasen bei fortgeschrittenem Lungenkrebs in 9%–25%, bei Brustkrebs in 5%–20% und bei Melanomen in 6%–18% auf.
Die Zahlen neu diagnostizierter leptomeningealer Metastasen steigen insgesamt an. Grund hierfür ist möglicherweise, dass es zunehmend besser gelingt, Patienten mit bösartigen Erkrankungen zu behandeln. Hierdurch sind leptomeningeale Metastasen häufiger zu beobachten, da sie ein Zeichen einer fortgeschrittenen Erkrankung sind.
- Symptome
Die meisten Patienten mit leptomeningealen Metastasen entwickeln Symptome.
Diese sind allerdings davon abhängig, an welcher Stelle der Leptomeninx eine Ausbreitung stattgefunden hat. Somit sind sie sehr unterschiedlich: Zu den typischen Symptomen gehören Kopfschmerzen, Krampfanfälle, Schläfrigkeit und Verwirrtheit.
Hat eine Ausbreitung im Bereich des Rückenmarks stattgefunden, können ebenfalls lokalisierte Schmerzen und Gefühlsverluste, Schwäche in den Armen oder Beinen beziehungsweise Darm- oder Blasenfunktionsstörungen auftreten.
Wichtig ist somit, bei Patienten mit bösartiger Grunderkrankung und Vorhandensein oben genannter Beschwerden an die Möglichkeit einer leptomeningealen Metastasierung zu denken und rasch weitere Schritte (siehe Diagnosestellung) einzuleiten.
- Diagnose
Wenn der Verdacht auf eine Ausbreitung in den leptomeningealen Raum besteht, sollten eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns, ein MRT des Rückenmarks, eine Ganzkörper-Computertomographie und eine neurologische Untersuchung erfolgen. Zudem ist unbedingt auch eine Lumbalpunktion, also die Entnahme von Nervenwasser (Liquor) im Bereich der Lendenwirbelsäule, erforderlich. Bei nicht eindeutigem Liquorbefund und weiterhin bestehendem Verdacht auf eine leptomeningeale Absiedlung, kann eine erneute Lumbalpunktion hilfreich sein.
Zusammengefasst muss allerdings gesagt werden, dass sich eine eindeutige Diagnosestellung oftmals als schwierig erweist.
Therapie
Die Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten hat die Behandlung fortgeschrittener Melanome grundlegend revolutioniert. Im Vergleich dazu gibt es für Patienten mit leptomeningealen Metastasen weiterhin wenig effektive Behandlungsmöglichkeiten. Das bedeutet, dass ein Studieneinschluss, sofern vorhanden und möglich, eine der wichtigsten Behandlungsmaßnahmen darstellt.
Abseits einer Studientherapie gibt es aktuell weitere Behandlungsmöglichkeiten. Diese werden in den folgenden Unterkapiteln erläutert.
- Systemtherapie
Als Systemtherapie bezeichnet man eine Therapie, welche im gesamten Körper wirken soll.
Weder eine Chemotherapie noch eine Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren konnten in Studien deutliche Erfolge zeigen. Nichtsdestotrotz muss mitunter auf diese Therapieformen zurückgegriffen werden, falls weitere Möglichkeiten fehlen. Eine zielgerichtete Therapie mit BRAF-/MEK-Inhibitoren, im Falle einer vorhandenen BRAF-Mutation, konnte demgegenüber ermutigende Ergebnisse liefern. Dies traf insbesondere dann zu, wenn diese Therapie nach der Diagnosestellung einer leptomeningealen Absiedlung begonnen wurde.
- Intrathekale Therapie
Hierbei handelt es sich um einen Therapieansatz, bei welchem die Medikamente nicht als Tablette oder über die Vene als Infusion gegeben werden: Stattdessen werden die Medikamente direkt in den Liquorraum (= intrathekal) eingeführt. Das ist der Raum, in welchem sich das Nervenwasser befindet. Der Liquorraum steht in engstem Kontakt zur Leptomeninx. Deswegen erzielt man mit der intrathekalen Anwendung, dass die Medikamente besonders nahe an die Tumorabsiedlungen gebracht werden können. Insbesondere die Verwendung von Immuncheckpoint-Inhibitoren konnte zuletzt ermutigende Ergebnisse liefern. Zum aktuellen Zeitpunkt handelt es sich hierbei allerdings um eine Therapieform, welche lediglich im Rahmen von Studien durchgeführt wird. Diese Studien finden vor allem in den USA statt. In Deutschland steht diesbezüglich eine Studie zu Verfügung. Außerdem gibt es eine Schweizer Studie, die eine Therapie mit kombinierten Immuncheckpoint-Inhibitoren (Ipilimumab und Nivolumab) testet.
- Strahlentherapie
Die Durchführung einer Strahlentherapie ist in der Regel die schnellste Methode zur Behandlung von Symptomen, welche im Rahmen einer leptomeningealen Metastasierung auftreten können. Es wird entweder eine Bestrahlung des gesamten Gehirns (= Ganzhirn-Bestrahlung) oder eine gezielte Bestrahlungen, beispielsweise bei lokalisiertem Befall des Rückenmarks, durchgeführt.
Ob eine Kombination aus Strahlentherapie und Systemtherapie zu einem Überlebensvorteil führen kann, ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht geklärt. Dies muss erst in weiteren Studien erforscht werden.
- Chirurgische Ansätze
Erwachsene Menschen haben etwa 120 bis 200 ml Liquor. Der Körper produziert täglich ca. 500 bis 700 ml Liquor. Also muss der Körper Liquor aus dem Liquorraum wieder aufnehmen (= Resorption), um das Volumen konstant zu halten. Eine leptomeningeale Metastasierung kann dazu führen, dass diese Resorption gestört ist. Dadurch kann das Volumen des Liquors ansteigen und ein „Wasserkopf“ (= Hydrozephalus) kann entstehen. Die erforderliche Liquorableitung kann chirurgisch ersetzt werden, in dem eine Ableitung (= Shunt) eingelegt wird. Das bedeutet, dass der Chirurg einen Schlauch in die Schädeldecke einführt. Dieser endet über Hals und Brust in der Bauchhöhle. Er lässt dort überschüssigen Liquor abfließen.
Der Autor/die Autorin hat keine Interessenskonflikte angegeben.