
Das Schleimhautmelanom
Zuletzt aktualisiert: 29.12.2024 | Autor: Prof. Dr. med. habil. Mirjana Ziemer
Melanome werden am häufigsten in der Haut diagnostiziert. Sie entstehen dort aus den pigmentbildenden Zellen, den Melanozyten, die sich vor allem in der obersten Hautschicht - der Epidermis - befinden. Melanozyten finden sich jedoch auch in anderen Organen, wie dem Auge, den Hirnhäuten und insbesondere auch den Schleimhäuten der oberen Atemwege, des Verdauungstraktes und der Genitalien. Auch aus diesen Melanozyten können sich Melanome entwickeln. Neben den Melanomen der Haut sind Melanome der Schleimhäute die zweithäufigste Gruppe. Dennoch handelt es sich um eine sehr seltene Diagnose. Nur 1-3% aller Melanome sind Schleimhautmelanome. Etwas mehr als die Hälfte aller Schleimhautmelanome entsteht in Kopf-Hals-Lokalisation, so vor allem in der Mundschleimhaut, in den Nasenneben- oder Kieferhöhen sowie dem Rachenraum. Ein Viertel der Schleimhautmelanome betrifft die After-Enddarm-Region und circa ein Fünftel den Genitaltrakt, hier vor allem die Scheide. Sie treten bei Erwachsenen vor allem zwischen dem 50. und 80. Lebensjahr auf. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Schleimhautmelanome unterscheiden sich von Melanomen der Haut, nicht nur durch ihren klinischen Befund, Besonderheiten in der Diagnostik, sondern auch durch ihr biologisches Verhalten und das Ansprechen auf Therapien.
Melanome der Schleimhäute sind nach Melanomen der Haut die zweithäufigsten Melanome. Sie jedoch sind sehr viel seltener als Melanome der Haut.
Sie unterscheiden sich vom Melanom der Haut durch ihren klinischen Befund, ihr biologisches Verhalten und Ansprechen auf Therapien.
- REFERENZEN
- [1] Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms. Die S3-Leitlinie wurde überarbeitet und um das neue Kapitel „Adjuvante Therapie“ ergänzt.
INTERESSENSKONFLIKTE
Der Autor/die Autorin hat keine Interessenskonflikte angegeben.
Diagnostik Schleimhautmelanom
Zuletzt aktualisiert: 29.12.2024 | Autor: Prof. Dr. med. habil. Mirjana Ziemer
Ein Teil der Schleimhautmelanome tritt in gut einsehbaren Körperregionen wie der Mund- und Genitalschleimhaut auf. In diesen Regionen wird ein Melanom leichter frühzeitig durch die Patienten selbst erkannt oder aber auch durch die behandelnden Zahnärztinnen, Zahnärzte, Frauenärztinnen, Frauenärzte und UrologInnen. Andere Schleimhautmelanome wie in den Nasenneben- oder Kieferhöhlen oder dem Magen-Darm-Trakt werden in der Regel entweder als Zufallsbefund im Rahmen einer anderweitig notwendigen Untersuchung entdeckt oder aber, weil bereits Komplikationen auftreten. So äußern sich fortgeschrittene Melanome der Nasenneben- oder Kieferhöhlen zum Beispiel durch Nasenbluten oder Behinderung der Nasenatmung. Melanome im Magen-Darm-Trakt können hingegen zu Schluckbeschwerden, Verdauungsstörungen, Bauchschmerzen oder dunklen Teerstühlen, als Ausdruck von Blutungen, führen.
Ähnlich wie an der Haut findet sich auch bei Schleimhautmelanomen in frühen Entwicklungsstadien meist ein unregelmäßig begrenzter, bräunlicher oder schwarzer Fleck auf unveränderter Schleimhaut. Unerkannt kommt es zum stetigen Wachstum nicht nur in der Fläche, sondern auch in die Tiefe. Das Melanom wird dicker, so dass sich ein spürbarer Knoten entwickeln kann. Zunehmend kugelige Tumorknoten wölben sich vor und können an der Oberfläche nicht selten ulzerieren, so dass der Tumor blutet. Es ist die Blutung, die nicht selten zur weiteren Abklärung und damit eigentlichen Feststellung des Melanoms führt. Ein Teil der Schleimhautmelanome kann aber auch ohne Pigmentierung auftreten. Dann spricht man von amelanotischen Melanomen. Bei fehlender Pigmentierung ist die korrekte Diagnose nochmal weiter erschwert.
Schleimhautmelanome werden demzufolge meist spät entdeckt, sodass aufgrund der vergleichsweise späten Diagnose, z.B. etwa die Hälfte der Schleimhautmelanome der Mundhöhle zum Zeitpunkt ihrer ersten Feststellung bereits in die Lymphknoten der Tumorregion metastasiert sind. Die Prognose ist entsprechend oft schlecht. Die 5-Jahres-Überlebensrate aller PatientInnen mit Schleimhautmelanomen liegt bei 25%. Nach dem Auftreten von Lymphknotenmetastasen sinkt sie auf 17%.
Schleimhautmelanome werden meist spät entdeckt.
Sie sind zum Zeitpunkt ihrer ersten Feststellung häufig bereits in die Lymphknoten der Tumorregion metastasiert.
Die Prognose ist oft schlecht.
- REFERENZEN
- [1] Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms. Die S3-Leitlinie wurde überarbeitet und um das neue Kapitel „Adjuvante Therapie“ ergänzt.
INTERESSENSKONFLIKTE
Der Autor/die Autorin hat keine Interessenskonflikte angegeben.
Behandlung des Schleimhautmelanoms
Zuletzt aktualisiert: 29.12.2024 | Autor: Prof. Dr. med. habil. Mirjana Ziemer
Die Therapie der ersten Wahl ist die Operation, also die möglichst vollständige chirurgische Entfernung des Tumors mit einem Sicherheitsabstand von in der Regel 1 cm.
Therapie der ersten Wahl bedeutet, dass diese Behandlungsform – hier die Entfernung durch eine Operation – zunächst die erste und wichtigste Behandlungsmaßnahme darstellt.
Die Operation sollte aber möglichst funktionserhaltend sein. PatientInnen kann die Wächterlymphknotenbiopsie angeboten werden. Dafür wird mittels spezieller Technik der Lymphabstrom vom Melanom in den nächstgelegenen Lymphknoten verfolgt, der dann entfernt und mikroskopisch auf Metastasen untersucht wird. Bei Lymphknotenbefall ist die Prognose schlechter. Je nach Tumordicke und Lymphknotenbefund wird mit Ultraschall der regionären Lymphknoten, Computertomographie (CT) und/oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Körpers ggf. auch kombiniert mit der Positronenemissionstomographie (PET) eine mögliche Ausbreitung im Körper untersucht (= Ausbreitungsdiagnostik). Es sollten sowohl in die Diagnostik als auch nachfolgend in die Therapie und Nachsorge je nach betroffener Körperregion Fachdisziplinen wie z.B. der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Gynäkologie und Urologie hinzugezogen werden.
Die Bestrahlung hat für Melanome der Schleimhaut einen nachrangigen Wert. Bestrahlt wird vor allem dann, wenn aufgrund der Lokalisation oder Ausdehnung des Melanoms eine vollständige oder funktionserhaltende chirurgische Entfernung nicht möglich ist. Dann sind ebenso wie bei metastasierten Tumoren medikamentöse Tumortherapien medikamentöse Tumortherapien sinnvoll. Einige medikamentöse Therapien können an spezifischen Mutationen des Melanoms ansetzen. Dazu wird das Melanomgewebe mittels spezieller molekularer Untersuchungsmethoden auf Mutationen in bestimmten Genen – so insbesondere für c-KIT, BRAF und NRAS untersucht, weil für Melanome mit diesen Mutationen prinzipiell bereits medikamentöse Ansätze zur Verfügung stehen. Bei etwa 20% der Schleimhautmelanome werden spezielle c-Kit Mutationen nachgewiesen, bei 10-17% eine BRAF-Mutation und bei 5-10% eine NRAS-Mutation. Darüber hinaus finden sich beim Schleimhautmelanomen häufiger weitere Mutationen wie KRAS, NF1, PTEN und GNAQ. Umfangreiche Genexpressionsanalysen ermöglichen heute jedoch eine komplexe Analyse des gesamten Tumorgenoms, die über den Nachweis der erwähnten Mutationen weit hinausgeht. Die Ergebnisse solcher Genexpressionsanalysen werden in sogenannten „Molekularen Tumorboards“ – interdisziplinären multiprofessionellen Konferenzen – analysiert und interpretiert. Neben den behandelnden ÄrztInnen sind ExpertInnen der molekularen Diagnostik, Genetik, Bioinformatik und weitere Teil der Beratungsteams. Basierend auf der molekularen Charakteristik des Melanoms können dann individuelle Therapiekonzepte erarbeitet werden und zum Beispiel ein Einschluss in eine passende klinische Studie geplant oder auch ein Antrag auf Kostenübernahme für ein bestimmtes Medikament bei den Krankenkassen gestellt werden, welches möglicherwiese bereits für andere Tumore nicht aber für das Melanom zugelassen ist.
Innerliche Therapie
PatientInnen mit Schleimhautmelanom können innerlich behandelt werden. Bei der Therapie lehnt man sich vor allem an die Erfahrungen aus der Behandlung von Hautmelanomen an. Bei Vorliegen spezieller Tumorzellmutationen kann durch den Einsatz sogenannter zielgerichteter Therapien die Zellteilung der Tumorzellen verhindert werden. So kann bei einer BRAF-V600-Mutation eine Tablettentherapie mit einem BRAF-Inhibitor in Kombination mit einem MEK-Inhibitor erfolgen.. MEK-Inhibitoren sind prinzipiell auch eine Option bei NRAS-mutierten Melanomen ebenso wie bestimmte Proteinkinaseinhibitoren bei Vorliegen einer speziellen cKIT-Mutation, wobei für diese Medikamente keine speziellen Zulassungen für das Melanom vorliegen und deren Kostenübernahme somit bei den Krankenkassen beantragt werden muss. Unabhängig von einer Mutation steht allen Patienten die Immuntherapie in Form einer Infusionstherapie mit sogenannten Checkpointinhibitoren zur Verfügung. Diese stimuliert das körpereigene Immunsystem gegen die Tumorzellen. Hat eine Patientin oder ein Patient mit nachgewiesener BRAF-V600-Mutation prinzipiell beide Möglichkeiten der Therapie (also zielgerichtete Therapie oder Immuntherapie), ist es seitens der Behandler erforderlich, anhand aller Befunde (so zum Beispiel Anzahl, Größe und Lokalisation der Metastasen, sowie Allgemeinzustand) zu entscheiden, mit welcher Therapie begonnen werden soll. Darüber hinaus gibt es erste positive Daten für den Einsatz patienteneigener tumorinfiltrierender Lymphozyten (TIL), die aus dem Melanomgewebe gewonnen, im Labor vermehrt und nach einem speziellen Behandlungsprotokoll den Patienten zurückinfundiert werden. Neue Therapieoptionen verfolgen zum Teil auch kombinierte Behandlungsschemata zusammen mit Immuncheckpointinhibitoren und/oder anti-angiogenetischen (die Gefäßneubildung in Tumorgewebe bremsenden) Therapien.
Der Einsatz dieser medikamentösen Therapien erfolgt bei nicht-operablen oder metastasierten Schleimhautmelanomen aber inzwischen auch vorbeugend (adjuvant) nach vollständiger Entfernung eines fortgeschrittenen Melanoms. Neuere, bislang nur in Studien untersuchte therapeutische Ansätze beim Hautmelanom verfolgen inzwischen sogar den Therapiebeginn mit genannten Medikamenten, vor allem der Immuntherapie, bereits vor einer Operation (neo-adjuvant), was das Ansprechen verbessert. Vielversprechende erste Ergebnisse für den Einsatz von Immuncheckpointinhibitoren, zum Teil auch in Kombination mit weiteren Medikamenten, gibt auch bereits für das Schleimhautmelanom.
Die Therapie der ersten Wahl ist die vollständige jedoch möglichst funktionserhaltende chirurgische Entfernung mit einem Sicherheitsabstand
Ab einer bestimmten Tumordicke erfolgen die Wächterlymphknotenbiopsie und eine entsprechende Apparatediagnostik zum Ausschluss von Metastasen.
Bei nicht vollständig operablen Melanomen oder Metastasen stehen innerliche Therapien zur Verfügung.
- REFERENZEN
- [1] Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms. Die S3-Leitlinie wurde überarbeitet und um das neue Kapitel „Adjuvante Therapie“ ergänzt.
INTERESSENSKONFLIKTE
Der Autor/die Autorin hat keine Interessenskonflikte angegeben.
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