Das Schleimhautmelanom
Melanome werden am häufigsten in der Haut diagnostiziert. Sie entstehen dort aus den pigmentbildenden Zellen, den Melanozyten, die sich in der obersten Hautschicht - der Epidermis - befinden. Melanozyten finden sich jedoch auch in anderen Organen, wie dem Auge, den Hirnhäuten und insbesondere auch den Schleimhäuten der oberen Atemwege, des Verdauungstraktes und der Genitalien. Auch aus diesen Melanozyten können sich Melanome entwickeln. Neben den Melanomen der Haut sind Melanome der Schleimhäute die zweithäufigste Gruppe. Dennoch handelt es sich um eine sehr seltene Diagnose. Nur 1-3% aller Melanome sind Schleimhautmelanome. Etwas mehr als die Hälfte aller Schleimhautmelanome entsteht im Kopf-Hals-Bereich, so vor allem in der Mundschleimhaut, in den Nasenneben- oder Kieferhöhen sowie dem Rachenraum. Ein Viertel der Schleimhautmelanome betrifft die After-Enddarm-Region und circa ein Fünftel den Genitaltrakt, hier vor allem die Scheide. Sie treten bei Erwachsenen vor allem zwischen dem 50. und 80. Lebensjahr auf. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Schleimhautmelanome unterscheiden sich von Melanomen der Haut, nicht nur durch ihren klinischen Befund, Besonderheiten in der Diagnostik, sondern auch durch ihr biologisches Verhalten und das Ansprechen auf Therapien.
- REFERENZEN
- [1] Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms. Die S3-Leitlinie wurde überarbeitet und um das neue Kapitel „Adjuvante Therapie“ ergänzt.
Der Autor/die Autorin hat keine Interessenskonflikte angegeben.
Diagnostik Schleimhautmelanom
Ein Teil der Schleimhautmelanome tritt in gut einsehbaren Körperregionen wie der Mund- und Genitalschleimhaut auf. In diesen Regionen wird ein Melanom leichter frühzeitig durch die Patienten selbst erkannt oder aber auch durch die behandelnden Zahnärzte oder Frauenärzte. Andere Schleimhautmelanome wie in den Nasenneben- oder Kieferhöhlen oder dem Magen-Darm-Trakt werden in der Regel entweder als Zufallsbefund im Rahmen einer anderweitig notwendigen Untersuchung entdeckt oder aber, weil bereits Komplikationen auftreten. So äußern sich fortgeschrittene Melanome der Nasenneben- oder Kieferhöhlen zum Beispiel durch Nasenbluten oder Behinderung der Nasenatmung. Melanome im Magen-Darm-Trakt können hingegen zu Schluckbeschwerden, Verdauungsstörungen, Bauchschmerzen oder dunklen Teerstühlen führen.
Ähnlich wie an der Haut findet sich auch bei Schleimhautmelanomen in frühen Entwicklungsstadien meist ein unregelmäßig begrenzter, bräunlicher oder schwarzer Fleck auf unveränderter Schleimhaut. Unerkannt kommt es zum stetigen Wachstum nicht nur in der Fläche, sondern auch in die Tiefe. Das Melanom wird dicker, so dass sich ein spürbarer Knoten entwickeln kann. Zunehmend kugelige Tumorknoten wölben sich vor und können an der Oberfläche nicht selten ulzerieren, so dass der Tumor blutet. Es ist die Blutung, die nicht selten zur weiteren Abklärung und damit eigentlichen Feststellung des Melanoms führt. Ein Teil der Schleimhautmelanome kann aber auch ohne Pigmentierung auftreten. Dann spricht man von amelanotischen Melanomen. Bei fehlender Pigmentierung ist die korrekte Diagnose nochmal weiter erschwert.
Schleimhautmelanome werden demzufolge meist spät entdeckt, sodass aufgrund der vergleichsweise späten Diagnose etwa die Hälfte der Schleimhautmelanome der Mundhöhle zum Zeitpunkt ihrer ersten Feststellung bereits in die Lymphknoten der Tumorregion metastasiert sind. Die Prognose ist entsprechend oft schlecht. Die 5-Jahres-Überlebensrate aller Patienten mit Schleimhautmelanomen liegt bei 25%. Nach dem Auftreten von Lymphknotenmetastasen sinkt sie auf 17%.
- REFERENZEN
- [1] Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms. Die S3-Leitlinie wurde überarbeitet und um das neue Kapitel „Adjuvante Therapie“ ergänzt.
Der Autor/die Autorin hat keine Interessenskonflikte angegeben.
Behandlung des Schleimhautmelanoms
Die Therapie der ersten Wahl ist die Operation, also die möglichst vollständige chirurgische Entfernung des Tumors mit einem Sicherheitsabstand von in der Regel 1 cm.
Therapie der ersten Wahl bedeutet, dass diese Behandlungsform – hier die Entfernung durch eine Operation – zunächst die erste und wichtigste Behandlungsmaßnahme darstellt.
Die Operation sollte aber möglichst funktionserhaltend sein. Patienten kann die Wächterlymphknotenbiopsie angeboten werden. Dafür wird mittels spezieller Technik der Lymphabstrom vom Melanom in den nächstgelegenen Lymphknoten verfolgt, der dann entfernt und mikroskopisch auf Metastasen untersucht wird. Bei Lymphknotenbefall ist die Prognose schlechter. Je nach Tumordicke und Lymphknotenbefund wird mit Ultraschall der regionären Lymphknoten, Computertomographie des Körpers und Magnetresonanztomographie des Körpers die Ausbreitung im Körper untersucht (= Ausbreitungsdiagnostik). Es sollten sowohl in die Diagnostik als auch nachfolgend in die Therapie und Nachsorge je nach betroffener Körperregion Fachdisziplinen wie z.B. der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Gynäkologie und Urologie hinzugezogen werden.
Die Bestrahlung hat für Melanome der Schleimhaut einen nachrangigen Wert. Bestrahlt wird vor allem dann, wenn aufgrund der Lokalisation oder Ausdehnung des Melanoms eine vollständige oder funktionserhaltende chirurgische Entfernung nicht möglich ist. Dann sind ebenso wie bei metastasierten Tumoren medikamentöse Tumortherapien sinnvoll. Dazu wird das Melanomgewebe mittels spezieller molekularer Untersuchungsmethoden auf Mutationen in bestimmten Genen – so insbesondere für c-KIT, BRAF und NRAS - untersucht. Bei etwa 20% der Schleimhautmelanome werden spezielle c-Kit Mutationen nachgewiesen, bei 10-17% eine BRAF-Mutation und bei 5-10% eine NRAS-Mutation.
Innerliche Therapie
Patienten mit nicht-operablem oder metastasiertem Schleimhautmelanom können innerlich behandelt werden. Bei der Therapie lehnt man sich vor allem an die Erfahrungen aus der Behandlung von Hautmelanomen an. Bei Vorliegen einer sogenannten BRAF-V600-Mutation kann eine Tablettentherapie mit einem BRAF-Inhibitor in Kombination mit einem MEK-Inhibitor erfolgen. Diese verhindern die Zellteilung der Tumorzellen. Unabhängig von einer Mutation steht allen Patienten die Immuntherapie in Form einer Infusionstherapie mit sogenannten Checkpointinhibitoren zur Verfügung. Diese stimuliert das körpereigene Immunsystem gegen die Tumorzellen. Hat ein Patient bei positiver BRAF-Mutation prinzipiell beide Möglichketen der Therapie, ist es erforderlich anhand aller Befunde (so zum Beispiel Anzahl und Größe der Metastasen, Ort der Metastasen, Allgemeinzustand) zu entscheiden, mit welcher Therapie begonnen werden soll. Bei Vorliegen einer speziellen c-KIT-Mutation ist bei erfolgloser Immuntherapie ein c-KIT-Kinaseinhibitor zum Einnehmen eine Möglichkeit der Therapie. Diese ist jedoch nicht zugelassen und muss somit erst bei der Krankenkasse beantragt werden.
Den Einsatz dieser innerlichen Therapien kann man inzwischen auch vorbeugend (adjuvant) nach vollständiger Entfernung eines fortgeschrittenen Melanoms erwägen.
- REFERENZEN
- [1] Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms. Die S3-Leitlinie wurde überarbeitet und um das neue Kapitel „Adjuvante Therapie“ ergänzt.
Der Autor/die Autorin hat keine Interessenskonflikte angegeben.