Bericht Hautkrebskongress Pressekonferenz
Hamburg. Auf der Pressekonferenz des 33. Deutschen Hautkrebskongresses der ADO (Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie) sprachen die beiden Gastgeber des Kongresses, Dr. Peter Mohr und Prof. Christoffer Gebhardt, sowie Prof. Carola Berking (Erlangen) und der 1. Vorsitzende der ADO, Prof. Ralph Gutzmer (Minden). Mit rund 1.100 Kongress-Teilnehmenden, soviel wie noch nie, zeigt sich auch, dass das Interesse am Thema Hautkrebs nach wie vor sehr hoch ist.
Dr. Mohr: „300.000 Hautkrebse pro Jahr, realistischere Schätzungen gehen aber von bis zu 500.000 Hauttumoren im Jahr aus.“
Prof. Berking: „Städte und Gemeinden müssen ausreichend Schattenplätze schaffen.“
Prof. Gutzmer: „Das Hautkrebsscreening hat auch einen präventiven Effekt.“
Prof. Gebhardt: „Mit der Zulassung einer neuen adjuvanten Melanomtherapie kann in etwa zwei bis drei Jahren gerechnet werden.“
Kongress Location in Hamburg
Hautkrebs ist weltweit die häufigste Krebsart, so auch in Deutschland und trotz aller Bemühungen steigt die Zahl der Neuerkrankungen jedes Jahr um etwa vier Prozent. Sie liegt derzeit laut RKI bei rund 300.000 Neuerkrankungen. Die tatsächlichen Zahlen könnten sogar zwischen 450.000 und 500.000 liegen, da pro Patient nur ein Tumor in die offizielle Statistik einfließt, Betroffene jedoch oft mehr als einen Hauttumor entwickeln. Die Bemühungen, diese Entwicklung zu bremsen, haben bisher nicht den erhofften Erfolg gebracht. Der Früherkennung kommt daher eine immens hohe Bedeutung zu, denn früh entdeckte Melanome haben eine deutlich bessere Prognose und früh behandelter heller Hautkrebs ist heilbar. Dr. Mohr: „Was Primärtumore angeht, haben wir einen Rückschlag erlitten, und zwar durch Corona.“ Dies bedeutet, dass Betroffene später in ärztlicher Behandlung waren, mit dickeren Primärtumoren. Ablesen können Kliniken das an den gestiegenen Zahlen der Wächterlymphknoten Operationen.
Die beiden Tagungspräsidenten Prof. Gebhardt und Dr. Mohr
Woran liegt es nun, dass die Erkrankungszahlen immer weiter ansteigen und Hautkrebs mittlerweile eine Volkskrankheit geworden ist?
Frau Prof. Berking sieht hier verschiedene Ursachen:
„Ein Grund ist unsere Bevölkerungsstruktur, wir werden immer älter und der Anteil der Älteren in der Gesellschaft nimmt zu. Wie bei anderen Krebsarten steigen der Erkrankungszahlen bei Hautkrebs im Alter. Weitere Gründe sind eine bessere Früherkennung und der wichtigste Risikofaktor ist die UV-Strahlung.“, führt sie aus.
Besonders gefährdet sind alle Berufsgruppen, die im Freien arbeiten, aber auch Outdoor-Sportler und Menschen über 70. Urlaube in sonnenreiche Gebiete und mehr Sonnenstunden im Zuge des Klimawandels tragen auch zur Hautkrebsentstehung bei. „Besonders wichtig ist der Schutz vor UV-Strahlung von Kindheit an“, sagt Frau Prof. Berking und fordert mehr mediale Aufmerksamkeit für das Thema UV-Schutz und groß angelegte Aufklärungskampagnen.
Wie sieht guter UV-Schutz aus?
- Sich nicht unnötig mehr Zeit in der Sonne aufhalten als nötig
- Mittagssonne meiden
- Sonnencreme mit LSF 50+ verwenden, zusätzlich zu geeigneter Kleidung
- Schattenplätze vorziehen
- UV-Index beachten
Eine große Verantwortung liegt aber auch bei den Städten und Gemeinden, denn diese müssen ausreichend Schattenplätze bereitstellen in Schulhöfen, Freibädern, auf Spielplätzen und öffentlichen Plätzen, damit Menschen überhaupt die Möglichkeit haben, sich zu schützen. Hier kann mit einfachen Maßnahmen, wie geeigneter Bepflanzung oder Sonnensegel, viel erreicht werden.
Welche Rolle spielt die Hautkrebs-Früherkennung?
Prof. Gutzmer betont die Vorreiterrolle, die Deutschland einnimmt im Bezug auf die Früherkennungsuntersuchung, das Hautkrebsscreening: „Im Rahmen des Hautkrebsscreenings wird nicht nur nach Hauttumoren gesucht, es findet auch eine Beratung statt, wie man sich vor Sonne schützt und Patienten erhalten eine Einschätzung zu ihrem persönlichen Hautkrebsrisiko.“ So kann im Idealfall einer Entstehung von Hautkrebs im weiteren Verlauf eines Lebens vorgebeugt werden.
Die Frage, warum manche Hautarztpraxen, das Hautkrebsscreening nur mit Zuzahlung oder gänzlich als Privatleistung anbieten, erklärt Prof. Gutzmer damit, dass die zwar bedauerlich sei, aber viele Praxen so großen Zulauf an Patienten hätten, dass sie diese Leistung nicht zu den niedrigen Sätzen der gesetzlichen Krankenkassen anbieten könnten. Obwohl das Dermatoskop seit 2020 Bestandteil des Screenings ist und Hautärzte dies kostenfrei anbieten könnten, könne niemand Hautärzte dazu zwingen, dies nicht in Rechnung zu stellen, führt Dr. Mohr aus.
Auf dem Kongress wurden auch vorhandene Mängel des Screenings diskutiert, wie zum Beispiel die zu niedrigen Teilnahmeraten, oder dass sich möglicherweise Risikopatienten nicht angesprochen fühlen. Eine Möglichkeit der Verbesserung wäre zum Beispiel ein organisiertes, risikoadaptiertes Screening, bei dem Menschen mit Risikomerkmalen häufiger zum Screening eingeladen werden. Eine Verbesserung der Qualität des Screenings ist derzeit in Arbeit unter Mitarbeit verschiedener dermatologischer Fachgesellschaften.
Medikamentöse Melanomtherapien
Eine erfreuliche Nachricht kommt für Patienten mit Melanom im Stadium IIB und IIC: Nach Pembrolizumab fand nun auch Nivolumab den Weg zur Zulassung als vorbeugende Melanomtherapie ab Stadium IIB. In diesem Stadium haben Betroffene ein hohes Rückfallrisiko, obwohl ihr Wächterlymphknoten frei von Metastasen war.
Weitere Informationen zu den Therapieoptionen und Rückfallrisiken finden Sie in unserer Broschüre, die Sie hier downloaden können.
Weitere positive Nachrichten in Richtung vorbeugender (adjuvanter) Therapien kommen aus den Impfstudien: bahnbrechende Daten einer Phase II Studie mit mRNA-Vakzinierung sind zu vermelden.
„Ziel ist eine zielgerichtete Aktivierung des körpereigenen Abwehrsystems gegen den Tumor.“, sagt Tagungspräsident Prof. Christoffer Gebhardt. In der angesprochenen Studie gab es einen Arm mit Pembrolizumab + mRNA Impfung und einen Kontrollarm mit Pembrolizumab alleine. Die Herstellung des personalisierten Impfstoffs benötigt etwa sechs Wochen. Teilnehmende waren tumorfrei operierte Betroffene im Stadium III und IV, der Einsatz der Medikamente erfolgte also vorbeugend.
Die veröffentlichten Daten sind hochsignifikant für das Fernmetastasen-freie Überleben mit einer Risikoreduktion von 66% im Arm mit der Kombination. „Die Daten sind deshalb so besonders, weil sie eine bereits hochwirksame adjuvante Therapie noch einmal deutlich verbessern. Man könnte sagen, die Wirkung ist noch einmal verdoppelt.“, betont Prof. Gebhardt. Noch in diesem Jahr soll in Deutschland eine große Zulassungsstudie starten. Es wird erwartet, dass weltweit rund 1000 tumorfrei operierte Patienten im Stadium II, III und IV aufgenommen werden. Mit einer Zulassung dieser neuen adjuvanten Therapie könnte dann bereits in etwa zwei bis drei Jahren gerechnet werden.
Die Frage, ob dieses Therapiekonzept auch passend für das fortgeschrittene Stadium IV ist, kann derzeit nicht beantwortet werden. Eine fertig rekrutierte Studie gibt es zwar, jedoch wurden die Daten hierzu noch nicht veröffentlicht.
Stand Infoportal Hautkrebs am ADO, links: Anne Müller Schuchardt, rechts Anett Leppert